Welche Kriterien habe ich bei meinem Hersteller für den Melkstand, welche Kriterien hatte ich für die Melkstandauswahl und was kannst du daraus mitnehmen? – Überarbeitet am 18.12.2022 –
Nach den 7 Kriterien kannst du nachlesen, wie ich fast zwei Jahre nach Betriebsbeginn die Punkte einschätze. Die Ursprüngliche Folge entstand 3 Monate vor Baubeginn.
Diese Folge wird Unterstützt von Lemmer Follwood.
Lemmer Fullwood ist mein Melktechnik-Partner im neuen Stall und liefert einen Quick-E Swing-Over Melkstand, sowie die FULLEXPERT Herdenmanagement Computertechnik mit DPP III Pedometer. Der Quick-E Melkstand ist ein leitungsfähiges Melkstandkonzept, dass durch sein Positionierungssystem für einen raschen und stressfreien Tierwechsel und für hohe Melkleistungen spricht. Die Melktechnik wird ausgestattet mit einer California Milchlinie für schonendes Melken und einer Kochendwasserreinigung. Das FULLEXPERT Herdenmanagement sorgt in Verbindung mit dem neuen Pedometern für einen Überblick im Stall und zeigt das Vitalitätsprofil jedes einzelnen Tieres auf. Lemmer Fullwood ist weltweit bekannt für höchste Qualität und beste Melkleistungen. Als Komplettanbieter für herkömmliche Melktechnik, als auch für Melkrobotertechnik ist Lemmer Fullwood der Ansprechpartner für alle Milchkuhhalter.
Hast du Interesse am Angebot von Lemmer Fullwood nimm direkt zu ihnen Kontakt auf. Kommen wir nun zu den 7 Kriterien für den Melkstandkauf.
1. Stressarmer Stand und zügiger Tierwechsel
Von der Bauweise ist unser alter Autotandem Melkstand, obwohl er bereits über 30 Jahre alt ist noch groß genug und somit stressarm. In Gruppenmelkständen ist ein Schnellaustrieb für einen zügigen Tierwechsel optimal. Bei der niedrigen Kuhzahl ist der Schnellaustrieb nicht so vorteilhaft, denn er braucht zu viel Platz und die tägliche Reinigung ist nicht zu unterschätzen.
Die passende Lösung für uns: Side-by-Side Melkstand im 80° Winkel ohne Schnellaustrieb, und das funktioniert so: Die Kuh kommt wie bei einem klassischen Fischgrätenstand in den Melkstand vom Wartebereich rein und jede Kuh hat ihren eigenen Einweisbügel. Wenn die Kuh ihren Platz einnimmt, geht der Bügel bei der Drehung mit der Kuh mit und der nächste Platz ist zu belegen. Das funktioniert reibungslos und wird zügig aufgefüllt. Beim Eintrieb ist die Möglichkeit, dass ein Platz frei bleibt wie beim gewelltem Rohr, nicht gegeben.
Beim Eintreiben der Kühe muss man weniger aktiv dabei bleiben. Ist der Stand voll und die Kühe sind gemolken, fährt das Gerüst und die Abtrennungen hoch. 3 Meter von der Melkgrubenkante bis zur Wand sind geplant. Hier können 3 Kühe gleichzeitig den Melkstand verlassen. Wichtig: Der Ausgang muss breit genug sein, sonst staut es sich wieder auf. Der Quick-E von Follwood und ein ähnlicher Stand von Betebe erfüllen dieses Kriterium.
Warum kommt kein klassischer Fischgrätenmelkstand? Der Melkstand wäre länger geworden und vor allem der relativ langsame Tierwechsel stört. Beim Karusell wären die Anschaffungskosten deutlich höher gewesen und eine Erweiterung wäre nicht möglich.
Ein großer Vorwartebereich für alle Kühe mit Nachtreibevorrichtung ist auch sehr wichtig. Um es für die Kuh beim stehen im Melkstand angenehm zu machen, sind Gummimatten im Melkbereich geplant.
2. Hohe Arbeitseffektivität und guteR Arbeitsplatz
Wichtig ist für mich: Man kann alleine melken und die Kühe warten auf den Melker, nicht anders herum! Alleine Melken bei einem Doppel-16-Swing-Over heißt, dass man zügig arbeiten darf, aber die Melkroutine (anrüsten, säubern, anstecken) bleibt erhalten. Kurze Wege für den Melker sind mir außerdem wichtig. Bei einem Side-by-Side Melkstand ist das gegeben. Die Anrüstautomatik können die kompletten Schritte der Melkroutine nacheinander bei jeder Kuh durchgeführt werden.
Der Weg muss daher bei jeder Kuh nicht doppelt gegangen werden. Ich gehe davon aus dass wir pro Kuh ca. 20 Sekunden für die Melkroutine benötigen, sodass ein guter Durchsatz erzielt werden kann und das Melken in 1 Stunde + Melkstandreinigung, abgeschlossen ist. Ein Standartmodul ist z. B. der Autostart. Wenn der Arm herüber geschwenkt wird beim Swing-Over wird das Melkzeug automatisch freigegeben. Bei einem vollbestückten Melkstand wird das Melkzeug beim anheben freigegeben. Die automatische Abnahme ist außerdem wichtig. Das Ziel: Eine hohe Effektivität zu erreichen.
Warum Ist die Melkstandauswahl zum Swing-Over und nicht Zum vollbestückten Melkstand Gefallen?
Ein vollbestückter Melkstand hat einen besseren Arbeitsablauf, jedoch hängen die Melkzeuge eine Zeit lang in der Luft. Bei einem Swing-Over hat man weniger Gruppenwechsel, da der Melkstand größer geworden ist (Doppel-16). Bei einem vollbestückten Melkstand wäre es evtl. ein Doppel-9er geworden und somit mehr Gruppenwechsel mit mehr Zeitaufwand. Durch die Anrüstautomatik können Kühe, welche gegenüber noch nicht fertig sind, ausgelassen werden und bei der nächsten kann bereits mit der Melkroutine begonnen werden. Beim zurückgehen nehme ich dann einfach die noch dann bereits fertigen Kühe mit.
Beim Swing-Over sind außerdem die Melkzeuge besser ausgelastet. Eine Seite ist dadurch komplett frei, es gehen somit die Melkzeuge nicht im Weg herum, da diese nur einseitig in der Melkgrube platziert sind. Ein ebenerdiger Melkstand ist für uns auch wichtig. Kannen von behandelten Kühen können z. B. gefahren anstatt getragen werden. Ein Hubboden bei unterschiedlichen Melker (Lehrling, Altenteiler, Melker) kann das Problem entschärft werden und die passende Höhe kann eingestellt werden.
3. Möglichst schonendes und zügiges Melken
Das Melkzeug wird bei uns ein Biomilker. Dieser hat eine sehr gute Entlastungsphase durch den aktiven Lufteinlass. Das Ziel: Weniger Probleme schaffen und dadurch zügiger bzw. reibungsloser Melken. Kein Standard-Melkzeug schafft ein gleichmäßigeres Vakuum bei unterschiedlichsten Minutengemelken wie der Biomilker. Bei hohen Minutengemelken fällt bei einem Standard-Melkzeug, welches an eine obenliegende Melkleitung angeschlossen ist, das Vakuum. Wenn man hier keine guten Voraussetzungen schafft, fördert man Hyperkeratosen und schlecht ausgemolkene Euter, was viele Probleme mit sich führen kann. Die Melkberatung mit Dr. Hömberg war sehr aufschlussreich. Er hatte Vakuumkurven an der Zitzenspitze dabei welche sehr interessant waren. Problemkühe machen immer mehr Arbeit, deshalb: Vorher ansetzen und mögliche Probleme eindämmen.
Weitere Punkte für schonendes Melken:
Die Schlauchlänge: Die Schlauchlänge zur Melkleitung sollte unter 3 m sein. Bögen mit mehr als 45° sollten vermieden werden. Ein 90° Einlaufbogen ist für einen hohen Milchfluss tödlich. Auch der Durchmesser der Melkleitung ist entscheidend. Für die Reinigung wäre ein Leitung mit kleinen Durchmesser und für die Melkung eine mit großen Durchmesser vorteilhaft. Hier sollte nicht gespart werden, um ein zügiges Melken zu ermöglichen.
Es gibt ein interessantes Interview mit Dr. Hömberg in zwei Teilen. Bei Folge 44 geht es um die Voraussetzung, wie man zügig und vollständig melkt. Bei Folge 45 wird auf verschiedene Melkstände eingegangen.
4. Praktisches Herdenmanagementsystem
Ein Herdenmanagementsystem mit Aktivitätserkennung, Milchmengenmessung und einer Selektion nach dem Melkstand gehört für mich unbedingt dazu.
Bei obenliegenden Milchleitungen sind nicht alle Geräte zur Milchmengenmessung LKV anerkannt, welche für Untenliegende anerkannt sind. Hier sollte dies schriftlich mit dem Melktechnikhersteller abgeklärt und belegt werden, dass die Milchmengenmessung zählt. Wenn ich selber nicht melke sehe ich Veränderungen und auffällige Kühe am Computer.
Die Brunsten werden über die Aktivitätserkennung angezeigt, welche ich später übersehen hätte. Außerdem habe ich Infos über den Liegeboxenzustand, wenn das Liegeverhalten mitgemessen wird. Im laufenden Durchschnitt der Herde sehe ich wie die Liegeboxen angenommen werden. Zum Beispiel: Wenn am Montag eingestreut wird, gibt es aus Praxisbetrieben Grafiken, welche aufzeigen, je länger das Einstreuen her ist, desto kürzer werden die Liegezeiten. Kühe, die sich wenig bewegen sind hier außerdem sichtbar (z. B. lahmer Fuß). Ob die Aktivität am Fuß oder über Halsbänder abgenommen wird ist Herstellerabängig. Fullwood hat die Pedometer nur am Fuß.
Die Kühe nach der Kalbung sollen selektiert werden, um sie von den Rangkämpfen zu schonen und die Überwachung (Fiebermessung 10 Tage nach der Kalbung) zu erleichtern. Die brünstigen Kühe können ebenso wegselektiert werden und anschließend in der Selektion in mehrere Gruppen selektiert werden. Unsere Selektion ist unterteilt in 7 Tiefboxen, 3 Hochboxen und eine Strohbox für bis zu 4 Kühe. Die bereiche können getrennt oder zusammengefasst werden.
5. Zuverlässiger Service ist wichtig in der Melkstandauswahl
Alle namhaften Hersteller sind bei uns unter 45 Minuten erreichbar. Für die Auswahl des Herstellers war es deshalb kein Kriterium. Die Qualität des Personals spielt auch eine Rolle. Hier kann man sich an den Erfahrungen von Kollegen Orientieren. Wer über lange Zeit gutes Personal hatte, wird hoffentlich auch in Zukunft die Qualität halten.
6. Niedrige Kosten
In der Landwirtschaft ist es grundsätzlich so, je teurer die Anschaffung ist, dies auch 1:1 vom Erlös wegfällt. Wichtig hier ist ein Preisleistungsverhältnis und nicht der absolute Preis. Wie bewerte ich den Vorteil, den manche Hersteller von sich geben? Eine Selbsteinschätzung und Ansätze der Vor- und Nachteile ist hier sinnvoll um die richtige Abwägung zu gewährleisten. Im Unterschied Anschaffung und laufende Kosten ist eine Unterscheidung sehr schwierig wenn die Angebote der verschiedenen Hersteller vorliegen. Hilfreich hier ist eine Melkberatung wie von Dr. Hömberg, der einen objektiveren Blick auf das Ganze. Er hilft beim einordnen der Leistungsdaten vom Melkstand und hat ein sehr fundiertes Wissen. Zum besseren Vergleich habe ich eine Exel-Tabelle erstellt, in der so weit es möglich ist, die Einzelpreise aufgelistet und verglichen wurden. Bei möglichen kalkulatorischen Zusätzen (Selektionstor, Kraftfutterstation), welche nicht im Angebot dabei waren, wurden zusätzlich aufgelistet.
Die Exel-Tabelle findest du im Bonusbereich! Melde dich einfach zur Stallbaupost an und du erhältst die Tabelle als Blankoformular und ein Beispiel.
Laufende Kosten und die Haltbarkeit der verschiedenen Komponenten ist schwierig abzuschätzen. Der Austausch mit Kollegen ist hierbei wieder sinnvoll. Die von Fabrikaten und Ausstattungen berichten können. Man hört ggf. raus, dass das ein oder anderes Teil ist nicht lange haltbar. Deutliche Unterschiede sind hier in der Anfahrt und in den Stunden des Services gegeben.
7. Stimmiges Gesamtkonzept in der Melkstandauswahl
Vorteile oder Nachteile der verschiedenen Hersteller bringen nichts, wenn kein stimmiges Gesamtkonzept vorliegt. Jeder Hersteller kann eines liefern, aber passt das Konzept auch zu mir? Welche Punkte benötige ich wirklich und welche nicht? Werden mir Produkte vom Hersteller aufgedrängt welche ich nicht brauche? Mir wären am liebsten Einzelkomponenten (z. B. Herdenmanagementsystem getrennt vom Melkstand). Es scheitert aber an der Kompatibilität.
Warum passt Fullwood bei mir?
Fullwood hat die Kochendwasserreinigung. Durch zwei Boiler anstatt einem kann ich tagsüber durch den günstigen PV-Strom diese Boiler voll machen. Vor dem Spülgang morgens muss ich nur kurz die Resthitze mit eingekauften Strom heizen. Durch die Kochendwasserreinigung (ca. 7 – 10 Minuten), habe ich die Möglichkeit nach dem Waschen der Flächen den Melkstand zum nächsten Melken vorzubereiten. Das Herdenmanagementprogramm ist sehr vielversprechend durch die verschiedenen Möglichkeiten. In den alten Stall kommt das ganze System ohne Milchmengenmessung bereits zur Probe (Herdenmanagementprogramm, Pedometer). Der Vergleich der Liegezeiten vom alten zum neuen Stall wird hier hoffentlich deutlich erkennbar.
Mach dir die unterschiedlichen Möglichkeiten bewusst. Überlege dir, welche Eigenschaften für dich besonders wichtig sind. Was dir wichtig ist gibst du am besten schriftlich auf jeden Hersteller bei einer Anfrage mit. Melke selbst bei anderen Betrieben mit. Achte auf wirklich vergleichbare Angebote. Mach keinen Schnellschuss!
Den Angebotsvergleich bekommst du im Bonusmaterial.
Aktuelles vom stallbau
Die Güllegrube wurde bei dem herrlichen Wetter ausgehoben. Diese soll Mitte Mai gebaut werden. Der Humus wurde auf der ganzen Fläche von über einem Hektar abgetragen. In 4 Arbeitstagen wurden 40 Stunden gebaggert. So wird es auch weitergehen in den nächsten Wochen, denn auch wenn der Stall erst im Juli gebaut wird, was getan ist ist getan!
Einschätzung knapp 2 Jahre nach Betriebsbeginn
- 1. Stressarmer Stand und zügiger Tierwechsel
- Der zügige Tierwechsel funktioniert sehr gut. Wir sprechen von 60 – 120 Sekunden für einen Gruppenwechsel. Die Tiere fühlen sich wohl im Stand. Man bemerkt bei wirklich heißen Temperaturen mit Fliegen dabei eine Grundnervosität. Da wird mal ein Melkzeug abgeschlagen.
- 2. Hohe Arbeitseffektivität und guter Arbeitsplatz
- Einen guten Arbeitsplatz macht der höhenverstellbare Hubboden zusammen mit dem ebenerdigen Eingang aus. Auch ist genug Licht und frische Luft da. Man kann sehr effektiv arbeiten. Von der Vorbereitung bis alles fertig erledigt ist sprechen wir von rund 1,5 Stunden. In der Zeit sind 80 – 90 Kühe von einer Person gemolken.
- 3. möglichst schonendes und zügiges Melken
- Man merkt, wie leer die Euter sind. Auch an den wenigen Euterentzündungen merkt man, dass wir auf einen guten Stand sind. Auch bei Kühen mit sehr hohem Milchfluss merkt man, dass bei unseren 42 kPa Melkvakuum die Milch sehr schnell abläuft.
- 4. praktisches Herdenmanagementsystem
- Wir nutzen es sehr stark. Am Anfang war es sehr fremd. Nach der Eingewöhnungszeit ging es recht gut. Wir nutzen es für das Besamungsmanagement und der Kontrolle von Milchmengen.
- 5. Zuverlässiger Service
- Seitens der Montage hat alles gut geklappt. Bisher gabs wenig Probleme. Garantiefälle waren am Anfang mehrere da. Diese wurden behoben.
- 6. Niedrige Kosten
- Die Anschaffung war natürlich nicht günstig. Ansonsten sind die laufenden Kosten ganz in Ordnung. Reparaturen bei einem derartigen Melkstand dürften sich in Grenzen halten.
- 7. Stimmiges Gesamtkonzept
- Das passt. Der Grundsatz mit einer Person zu melken ist wirklich eingetreten. Wir melken auch die Selektion als erstes, so wie es auch geplant war. Dazu gibt´s eine Folge, die es näher ausführt. Wir treiben also die Selektion auf einer Seite durch den Melkstand und haben dann alle als erstes drin. Der ebenerdige Melkstandeingang ist sehr wichtig und gut, dass er da ist. Dies würde ich auch jedem neuen Melkstand empfehlen. Mit dem Nachtreiber kommen alle Kühe bis kurz vor den Melkstand. Das einstreuen der Liegeboxen funktioniert, wenn die Kühe beim melken sind einwandfrei.
7 Kommentare zu „KSB 012 7 Kriterien bei meiner Melkstandauswahl vom Stallbau“