KSB 110 Ist es ein Berater oder Verkäufer? – Interview mit Kuhsignal-Trainer Christian Manser

In diesem zweiten Teil vom Interview mit Christian Manser erfährst du, wie du echte Berater erkennst. Im Interview sprechen wir über Luft und Licht, Wasser und Futter und wichtige Grundsätze für die Stallbauplanung.

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    Im letzten Interview ging es um ideale Liegeboxen und Laufgänge. Höre dir das Interview gerne vorher an. Du kannst es aber auch später nachholen.

    Generell gilt: Beim Anhören nimmst du mehr mit als beim Lesen, dann ist der Inhalt auch komplett ungekürzt. Nun zum Interview:

    Zu den 6 Freiheiten der Weide gehört auch „Luft und Licht“. Was ist dir in dem Bezug wichtig?

    Bei der Luft sind 2 Punkte entscheidend: Die Temperatur und die Luftfeuchtigkeit. Die Luft wird uns in den kommenden Jahren am meisten beschäftigen, wegen den Temperaturen. Die Kuh besteht zu 30 % aus einer Heizung. Das größte Problem der Kuh ist es, jeden Tag die Hitze weg zu bekommen. Die optimale Temperatur für eine Kuh mit 40 l Tagesgemelk liegt bei -2 bis 5 °C. Das empfindet die Kuh als optimal. Sie verträgt natürlich auch höhere und tiefere Temperaturen und geht damit um.

    Wir wissen, dass du Kuh auf der Weide eine gute Luftqualität hat, die Luft riecht gut. Deshalb müssen wir unser Hauptaugenmerk auf den Bereich haben, wo die Kuh ihre Nase hat: Im Kopfbereich der Liegeboxen. Und auch im Fressbereich muss es gut riechen.

    Nun geht es darum, den Körper runter zu kühlen. Vor allem im Brust und Pansenbereich muss die Kuh gekühlt werden. Wenn man einen Stall baut oder optimiert muss ich mir überlegen, wo der größte Hitzestress entsteht und welche Kühe bekommen als erstes den Lüfter?

    Teilweise werden Lüfter einfach über einem Laufgang aufgehängt, dort bringt es aber nicht viel. Dort will ich keine stehen haben. Den größten Hitzestress vor allem auf großen Betrieben gibt es im Wartebereich zum melken. Aufgrund vom Hitzestress der dort entsteht gibt es viele Frühaborte. Dort sollte ein Ventilator eingebaut werden. Die zweitwichtigste Gruppe sind die Trockensteher. Dort muss auch ein Lüfter eingebaut sein. Auch bei 0 °C sollte der Lüfter laufen.

    Die dritte Anlage kommt in den Liegebereich, sodass Kopf und Brustbereich gekühlt wird. Erst die vierte Anlage kommt in den Fressbereich. Ohne zusätzliche Lüftung kommen wir nicht klar. Es gibt nur wenige Ställe, in denen es ohne Lüftung funktioniert. Deshalb müssen wir schon beim Stallbau überlegen, wie wir lüften. Als Ergänzung kann eine Wasserdusche helfen.

    Wie bringt man am besten frische Luft mit Wind auf der Kuh in den alten Stall?

    Alte Ställe sind oft deckenlastig. Da ist die Schlauchlüftung mit am besten. Dort hat man von vorne bis in die Ecke hinten gleichmäßig Frischluft. Das hilft meistens am besten.

    Bei alten Ställen muss ich darüber hinaus schauen, was ich zusätzlich machen kann. Dazu gehört Fenster raus, Wände raus nehmen, alles was Luftzirkulation stört muss weg.

    Wie schaffe ich im Winter einen Kompromiss zwischen Frischluft und einfrieren der Tränken?

    Ich will nicht, dass Landwirte mit einem System Ärger haben. Wenn ein Landwirt einen Lüftungstechniker holt, will dieser Technik verkaufen. Wenn ein Landwirt jemanden auf den Hof holt muss er immer fragen: Ist es ein Berater oder ein Verkäufer? In den meisten Fällen ist es ein Verkäufer. Der Landwirt muss wissen, dass Erfolg im Stall durch Management kommt. Es kommt nie aus einer gekauften Flasche oder einem Sack. Gutes Management kann man nicht kaufen, dass muss man selber bringen.

    Angst vor dem einfrieren hat uns in den vergangenen 20 – 30 Jahren und darüber hinaus sehr viel Ärger gebracht. Was hat man früher gemacht? Jede Öffnung zugestopft, sodass nichts einfriert. Ich sage meinen Landwirten: Investiert nicht in teure Anlagen zum öffnen und schließen vom Stall, investiert in eine Anlage, dass das Wasser nicht friert. Es ist eine Ringleitung, bei Bedarf mit Begleitheizung oder Tropfsystem.

    Vorhangsysteme machen wir nicht für die Kühe, sondern nur für die Landwirte. Wenn ein Landwirt belegen kann, dass ein Vorhangsystem sich rechnet bin ich sehr empfänglich. Wenn ein Landwirt es will habe ich kein Problem, aber die Kühe haben kein Problem damit.

    Wenn das Wasserproblem gelöst ist haben wir nur noch zwei Baustellen: Die Melkanlage müssen wir einpacken oder das Wasser in den Leitungen ablasen und dann kommt das Schieberentmistungssystem. Es kann ja sein, dass ein paar Tage der Mist anfriert. Und wenn es auftaut schiebt man es wieder raus.

    Es gibt viele Betriebe mit einem Lichtprogramm, also 16 Stunden hell und 8 Stunden Dunkelheit im Stall. Empfiehlst du Lichtprogramme bei melkenden Kühen?

    Für mich gibt es keine verbindliche Studie, dass mit Licht Milch gemacht wird. Mein Ziel ist immer, die Kuh zu animieren, möglichst viel zu fressen. Wenn es jemanden mit Licht gelingt, soll er es machen. Ich bin selber skeptisch, weil mich noch niemand davon überzeugt hat, dass er deshalb gesündere und ältere Kühe hat.

    Kühe sehen in der Nacht sehr viel, wir brauchen auch kein Nachtlicht im Stall. Ich würde auf jedenfall mit LED arbeiten. Für den Arbeitskomfort ist das Licht sehr wichtig. Wenn ich im Stall bin möchte ich genau sehen, welcher Ausfluss hinter der Kuh liegt. Ich möchte auch beim Kalb sehen, wenn es eine feuchte Nase hat.

    Auf was wir aufpassen müssen ist, dass wir im Liegebereich keine Lichtplatten oder Lichtfirste einbauen. Diese heizen die Ställe extrem auf. Das wird oft noch falsch gemacht. Das Licht muss von der Seite in den Stall kommen, nicht von oben. Das gibt einen Treibhauseffekt.

    Wasser und Futter sind Punkt 5 und 6 der Freiheiten der Weide. Wie viel Tränkestellen empfiehlst du in einem Stall für 100 Kühe?

    Generell ist mir wichtig, dass sie Freude machen beim Arbeiten. Die Tränke muss einfach zum reinigen sein. Da gibt´s Materialien, die sind nicht so gut. Kunststofftränken sind nach zwei Jahren spröde. Der Schwimmer muss gut erreichbar sein, mit einem Handgriff. Es kann nicht sein, dass wir Schrauben aufmachen müssen. Man muss den Schwimmerbereich mit einer Bürste putzen können.

    Ich finde es wichtig, dass die Tränke nicht zu groß ist. Ich habe lieber zwei kleine Tränken, als eine große. Erfahrungsgemäß trinken nie mehr als zwei Kühe aus einer Tränke. Wenn wir einen Stall für 100 Kühe bauen ist noch die Frage, wie ist der Stall aufgebaut. Wahrscheinlich gibt´s eine Abkalbebox und Selektion. Das meiste Wasser wird nach dem Melken aufgenommen. Da kommt sicher eine Tränke hin. Für schwache Kühen brauchen wir eine Tränke irgendwo, wo nicht allzu viel Verkehr ist. Es kann Sinn machen, dass am Auslauf eine Tränke platziert ist.

    Bei Tränken an den Übergängen darf eine Kuh die trinkt nicht den ganzen Übergang versperren. Es sind also 2,5 m versperrt. Wenn hinterhalb 1 m frei bleibt reicht es gerade noch. Durchgänge mit Tränken sollen 4 m breit sein. Für 100 laktierende Kühe sind wir irgendwo bei 6 Tränken. Dazu kommt eine in die Selektion, dann eine Selektion und Abkalbebox gemischt und eine in der Abkalbebox.

    Wir müssen immer aufpassen vor stehendem Wasser. Bei der Platzierung der Tränken müssen wir immer aufpassen, dass sie nicht so rein stehen, dass Kühe dort dran knallen. Wasserhöhe der Tränke ist immer auf 60 cm. Die Tränken sind meistens zu hoch montiert. Da gibt´s viele Bilder, was lieber angenommen wird.

    Empfiehlst du eine Tränkewasserdesinfektion?

    Wenn die Wasserqualität fraglich ist und alte Leitungen da sind gab es teilweise schon starke Erfolge. Allgemein habe ich bei Kühen noch wenig Effekt bemerkt. Euterentzündungen kommen eher vom schlechten Futter, weniger von der schlechten Wasserqualität.

    Beim Futter ist bei dir ein klarer Ansatz, das jede Kuh ihren Fressplatz braucht. Siehst du es als wirtschaftlich an, auf 1:1 Tier : Fressplatzverhältnis zu gehen?

    Generell sind die besten Ställe 2 Reiher. Ein 3 Reiher kann auch noch gut funktionierten, wenn die Übergänge entsprechend breit sind und der Roboter Platz nimmt. Wir müssen uns immer bewusst sein, welche Kühe an Überbelegung leiden. Es sind immer unsere interessantesten und schwächsten Kühe. In der Schweiz ist es erlaubt, pro Fressplatz 2,5 Tiere zu halten. Das kann und will man sich gar nicht vorstellen. Auch eine starke Kuh wird immer geärgert.

    Man kann sich auch noch helfen, wenn man den Stall etwas kürzer macht und dafür hinten noch Fressplätze im freien dran baut. Oder es gibt zusätzlich noch ein Futterband. Der Erfolg mit der Milchviehhaltung steht und fällt mit der Raufutteraufnahme.

    Wenn man schon zu wenig Fressplätze macht sollte man zumindest das Futter am Abend abladen. Dann haben in der Nacht die schwachen Kühe zeit, um in Ruhe zum fressen.

    Wenn wir zu wenige Fressplätze haben geht es immer darum: Wie geht die schwächste Kuh damit um? Wenn junge Kühe schon in der 1. Laktation ihre Leistung voll ausschöpfen können, weil sie genug Futter aufnehmen können, zahlt sich die Überbelegung eben nicht. Auf einen einzelnen Tag kann sich die Überbelegung schon auszahlen. Vergessen wird dabei oft der Weitblick.

    Was macht für dich einen runden Arbeitsablauf aus?

    Beginnen wir beim Füttern. Landwirte denken bei der Stallplanung an die Futtervorlage. Dann geht´s aber weiter. Wenn jemand am Anfang noch keinen Anschieberoboter hat kommt er oft nach zwei Jahren. Also das Futter muss abgelegt und auch angeschoben werden. Und wie gehen dann die Futterreste raus? Wie ist es gelöst? Wo kommen jeden Tag die Futterreste hin?

    Das sind alles, wo wir Zeit sparen können.

    10 Minuten am Tag bedeutet eine Woche Arbeitszeit im Jahr. Ich kämpfe für jede dieser 10 Minuten.

    Wenn ich einen Stall plane ist auch die Frage, wo geht die Kuh jeden Tag lang. Wo geht die Kuh zum fressen, melken, Selektion. Wo geht die Kuh lang über das Jahr? Von der laktierenden Gruppe zu den Trockensteher und weiter in den Abkalbebereich. Deshalb werden die Trockensteher oft ganz vorne im Stall neben den Abkalbern platziert. Weil dort die Arbeitsabläufe einfach noch besser sind.

    Auch ein Punkt ist die Einstreu. Deshalb landen wir oft bei Einstreu Automatisation. Weil ich dann nicht rein fahren muss. Das sind Sachen, die sich lohnen. Da gewinne ich Zeit und Matratzenqualität, dadurch Eutergesundheit.

    Wie viel Fläche muss ich per Hand täglich reinigen? 20 bis 30 qm sind vielleicht schon sehr viel. Wie kommt die Kuh in die Behandlung, ist das Material vor Ort?

    Viele weitere Punkte sind da sehr wichtig. Das sprechen wir auch im Schweizer Stallbauseminar durch.

    Die beiden letzten Fragen sind dann: Wäre ich gerne in diesem Stall die schwächste Kuh? Wäre ich gerne Mitarbeiter in meinem Stall? Diese Fragen muss ich mit „Ja“ antworten.

    Was möchtest du bauwilligen Landwirten noch auf den Weg geben?

    Generell, wenn ihr bauen könnt und bauen dürft seit ihr absolute Glückspilze. Nicht jeder Mensch auf dieser Welt hat das Privileg, so ein Projekt zu realisieren. Schätzt das, seit dankbar und demütig, dass man euch diese Möglichkeit gegeben hat.

    Lasst euch auf die richtigen Leute ein. Überlegt euch bei dieser Person immer, ist es ein Verkäufer oder ein Berater? Wenige Berater können wirklich frei ihre Meinung sagen. Auch Planer sind Berater. Sie wissen ganz genau, dass wenn sie gegen die Meinung sind verlieren sie den Auftrag.

    Lasst euch auf die echten Berater ein. Die besten Berater, die ich bisher angetroffen habe sind die Kühe und die guten Landwirte. Von denen habe ich in meinem Leben am meisten gelernt. Wenn ihr schnell einen Plan machen müsst, müsst ihr euch auf jemanden einlassen, der selbst schon viele Fehler beim Stallbau korrigiert hat und viele Sachen gesehen hat.

    Ich schätze sehr an meinem Job, dass ich sagen darf was ich denke. Und dass ich aus meinen Fehlern lernen durfte. Gute Ställe kosten nicht mehr als schlechte Ställe. Schlechte Ställe sind viel teurer als ein guter Stall. Und deshalb müssen wir alles daran setzen, von Anfang an den für mich besten Stall zu bauen. Perfekte Ställe gibt es nie, aber du musst deinen Stall bauen und der muss gut sein. Lass es dir gut gehen in deinem Stall. Denke an dich und deine Arbeit. Denke auch an die schwächsten Kühe. Dann wirst du auch Erfolg haben in dem Projekt.

    Vielen Dank an Christian Manser für das Interessante Interview.

    Weitere Infos:

    Kontakt zu Christian Manser

    Merkblatt Kuhsignale mit den 6 Freiheiten der Weide

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