KSB 109 Auf die Kuh kommt es an – Interview mit Kuhsignal-Trainer Christian Manser

Heute ist ein Stallbauberater aus der Schweiz zu Gast. In diesem ersten Teil vom Interview sprechen wir über ideale Liegeboxen und Laufgänge.

Im Interview geht es um die 6 Freiheiten der Weide. In diesem ersten Teil geht es um Ruhe & Raum. Im zweiten Teil, der nächstes Mal erscheint geht´s um Luft & Licht sowie Wasser & Futter.

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    10 vermeidbare Baufehler

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    Vielleicht geht´s dir ähnlich, wie es mir früher ging. Man steht am Anfang der Planung und ist sich noch nicht so sicher, wo die Reise hingehen soll und was eigentlich wirklich wichtig ist für den späteren Neubau oder Umbau. Nach und nach mit zusätzlichen Infos und Gesprächen löst sich der Nebel etwas auf und die Sicht wird klarer.

    Dieses Interview kann dir dabei helfen, noch mehr Klarheit auf die wirklich wichtigen Dinge zu haben, um diese später im Stall passend umzusetzen.

    Mein heutiger Interviewgast hat ein besonders ausgeprägtes Kuh-Auge. Er ist auf einem landwirtschaftlichen Betrieb groß geworden und arbeitet seit 25 Jahren in der Fachstelle für Rindvieh. 2009 hat er eine Weiterbildung zum Kuhsignal-Trainer absolviert. Die Methode basiert auf dem Grundsatz „Glückliche Kühe – glückliche Bauern.“ Entwickelt von Tierärzten aus Holland gibt er nun auch als Lehrer, Berater und Kuhsignal-Trainer sein Wissen weiter. Er ist Ressortleiter Tier und Technik im landwirtschaftlichen Zentrum St. Gallen. Ich freue mich, dass du hier bist, Willkommen Christian Manser!

    Worauf achtest du Christian Manser zuerst, wenn du einen Stall betrittst?

    Ich stelle mir immer zwei Fragen:

    1. Wäre ich hier gerne die schwächste Kuh im Stall? und

    2. Wäre ich hier gerne Mitarbeiter auf diesem Betrieb?

    Und ich schaue mir immer die Kühe an. Da schaue ich auf die Verteilung der Kühe im ganzen Laufstall und ich schaue mir an, ob einzelne Kühe zu wenig gefressen haben und gibt´s Kühe mit rundem Rücken. Kühe die Fressen und keine lahmen Kühe.

    Du hast mit deinem Team die 6 Freiheiten der Weide entwickelt. Die 6 Freiheiten sollen in den Stall kommen. Die ersten zwei sind Ruhe und Raum. Was versteht man darunter und was ist dir wichtig?

    Generell soll man immer wenn man einen Stall baut die Natur in den Stall zu bringen. Was die Tiere in ihrem Lebensraum haben muss auch im Stalls sein. Das sind die 6 Freiheiten der Weide.

    Im ersten Bereich der Ruhe geht´s um den Liegebereich. Der Liegebereich ist der entscheidendste Faktor, da hier die Kuh die längste Zeit ihres Lebens verbringt. In einem guten Stall sind es täglich 12 bis 14 Stunden. Es sind normalerweise kurze Abschnitte von 60 bis 90 Minuten, steht auf, geht zum fressen oder legt sich direkt wieder hin. So wäre das Optimum.

    Es gibt verschiedene Liegesysteme. Die Liegeboxen sind am weitesten verbreitet. Leider sind viele Abtrennungen unbrauchbar. Von rund 35 verkauften Systemen in der Schweiz sind nur 7 brauchbar. Ich helfe den Landwirten, brauchbare Systeme zu finden. Auf den Ruhebereich lege ich sehr viel wert. Da gibt´s für mich auch keine halbe Lösungen. Wenn beispielsweise die Nackenrohre nicht richtig eingestellt sind habe ich nie eine gute Matratze, weil die Kuh vorne die Matratze aufreißt. Wenn man in einem Stall aufgrund der Kuhsignale die Kühe beurteilt kann man viel sagen. Sind die an den vorderen Knien keine haarlosen stellen, stimmt schon viel in der Liegebox. Sprunggelenke, Rippen, Rücken darf auch nicht auffällig sein.

    Ist der Liegebereich zu kurz, legt sich die Kuh hinten ganz an den Rand oder sie liegt vorne mit den Knien am Bugholz. Möglicherweise legt sie sich auch seitlich hin und dann mit dem Rücken gegen die Stalleinrichtung. Legen sich die Kühe innerhalb einer Minute in der Liegebox ab? In einer wirklich guten Liegebox legt sich die Kuh in 10 – 15 Sekunden ab. 

    8 Freiheiten für den Liegebereich: Ich kämpfe für Top Liegeboxen für den Kuh und dem Landwirt:

    1. 1. der Luftqualität an der Nase der Kuh muss top sein, keine Wand vor der Nase
    2. 2. weiche kompakte Matratze mit gutem Griff
    3. 3. freier Kopfschwungraum 3,3 m Liegeboxenlänge
    4. 4. Nackenband oder Kette, nie ein starres Rohr, 1,3 m hoch und 1,7 m von hinten gemessen für Holstein Kühe
    5. 5. Bugschwelle muss vorhanden sein, maximal 5 cm höher als Kotschwelle
    6. 6. Lichte breite der Liegebox 1,25 m
    7. 7. Lichte Länge im Liegebett mindestens 2 m, für schwere Holsteins 2,1 m
    8. 8. Seitenabtrennungen dürfen nicht glänzen bei Metall, oder sie sind flexibel

    Es werden oft verschiedene Systeme zu den Hochboxen eingebaut. Wie stehst du zu Hochboxen?

    Bis heute habe ich noch keine Hochbox gesehen, die an eine top Tiefbox ran kommt. Wenn Landwirte für eine Beratung anfragen, die eine Hochbox einbauen wollen ziehe ich mich aus der Beratung zurück. Ich baue keine Ställe mit Hochboxen. Wenn jemand sagt ich hab zu viele Kühe und komme mit der Arbeit nicht hinterher, dann hat er zu viele Kühe. Man baut keine Hochboxen. Ich mache es deshalb nicht, weil ich weiß wie mühsam es ist, aus Hochboxen Tiefboxen zu bauen. Diese Arbeit will ich den Landwirten ersparen.

    Der Grund für Hochboxen sind häufig auch die schlechten Erfahrungen zu den Tiefboxen. Das ist klar, wir haben Tiefboxen jahrelang schlecht gebaut. Ich mache mittlerweile Tageskurse nur zu Pflege von Tiefboxen. Hier geht`s zum Bericht der Kurse.

    Hochboxen bringen die Qualitäten nicht hin. Wenn ich Betriebe habe mit Wasserbetten und Tiefboxen gehen die Kühe auf die Tiefboxen. Wenn ich schaue wo ich die alten Kühe mit den hohen Leistungen habe, dann stehen oder besser liegen die in Ställen mit Tiefboxen.

    Es sind drei Haupterfolgsfakoren vom Stall:

    – Liegeboxen

    – jede Kuh hat einen Fressplatz

    – stressfreie Abkalbelinie.

    Bei einer längeren Liegelänge steigt die Gefahr, dass in die Liegebox abgekotet wird.

    Wie hoch wird die Liegebox gefüllt, sodass möglichst Kot in der Box landet?

    Du entscheidest mit der Matratze, wie viel Milch du haben wirst. Wir haben viele Liegeboxen, die sind für 25 l und fragen sich, warum trotz hervorragender Fütterung nicht mehr Milch kommt. Die Handbremse lösen müssen wir meistens mit dem Liegebereich und dem Wasser.

    Wie baue ich eine Liegebox beginnt mit dem Bau auf der Baustelle. Eine Liegebox wird versenkt gebaut. Die Kotschwelle ist maximal 15 cm hoch und baue für eine Matratze mit mindestens 30 cm. Die Matratze geht flach von der Kotschwelle bis zur Bugschwelle. Vorne kommt jeden Tag Mist rein und altes Stroh drauf und nach hinten ziehe ich jeden Tag frisches Stroh rein. Wir arbeiten zunehmend mit Einstreuanlagen, sodass täglich frisches Stroh in die Liegeboxen kommt. Mittlerweile setzen wir keinen Kalk mehr ein. Wir müssen nicht kämpfen gegen schlechte Keime, sondern für das gute Immunsystem der Kuh.

    Wie stehst du zum Einstreu mit separierter Gülle?

    Wenn der Feststoff vom eigenen Betrieb kommt geht es. Wir haben auch schon separierte Gülle von anderen Betrieben eingesetzt, das funktioniert aber überhaupt nicht. Es wird in Zukunft stärker in diese Richtung gehen. Vielleicht mit langem Stroh schauen, dass die Armierung passt und mit vielleicht auch mit frischem Mist arbeiten, sodass die Feuchtigkeit stimmt.

    Wenn man eine Zeit mit diesen Matratzen arbeitet hat man ein Gefühl dafür, was es braucht.

    Christian Manser, was empfiehlst du für beengte Verhältnisse, wenn ich die Liegeboxenlänge nicht schaffe?

    Wenn ich die Länge nicht schaffe nehme ich Wände weg oder mache Außenliegeboxen. Oder auch bei der Liegebox selber, wenn da keine Wand kommt reichen mir 2,6 m. Ich hab schon viele Wände rausgenommen. Da hat man mehr Luft im Kopfbereich und eine besser Übersicht im Stall. Kompromisse bei den Liegeboxenmaßen kostet langfristig Kühe und damit Geld.

    Bei Umbauten kann ich auch mit einem Futterband arbeiten und damit den Platz vom Futtertisch gewinnen.

    Auf was müssen wir aufpassen im Bereich Raum?

    Wichtig sind griffige Böden und keine Sackgassen. Wir müssen uns überlegen: Wo brauchen Kühe Platz. Oft wird beim Stallbau die Fläche falsch eingeteilt. Das heißt wir müssen den Stall in den Linien betrachten.

    Wo haben wir am meisten Verkehr und die meisten Konflikte zwischen den Kühen?

    Die wichtigste Linie ist immer im Fressbereich. Wenn hier zu wenig Platz ist gibt´s Ärger. Wir müssen alles daran setzen, dass dieser Bereich so groß wie möglich ist. In kleineren Betrieben haben wir mehr Spielraum als in größeren Betrieben, weil dort mehr Verkehr ist. Wenn dieser Bereich nicht gut gelöst ist habe ich zu wenig Futterverzehr. Ich gehe immer mit dem Ziel in den Stall, den Grundfutterverzehr so hoch wie möglich zu gestalten.

    Beim Raum geht es auch darum, Überblick zu erhalten im Stall. Das heißt keine Wände. Jede Wand, die im Stall höher als 30 cm ist, ist ein Baufehler. Wenn man den Plan mal so anschaut fliegen viele Wände raus. Schwache Kühe wollen sehen, was los ist. In einem Stall sieht man nur zwei Sachen: Entweder Kühe, oder verschissene Wände.

    Aus Sicht vom Landwirt stellt sich die Frage: Was will ich sehen? Und als Landwirt möchte ich die Kühe sehen. Als schwache Kuh möchte ich die Rivalen sehen, um ausweichen zu können.

    Wie lösen wir das Thema mit den griffigen Böden? Wir haben sehr starke Verkäufer in der Landwirtschaft. Und wir haben sehr starke Gummimattenverkäufer. Ich bin nicht davon überzeugt, dass Gummimatten Segen in die Ställe bringt. Gummimatten helfen, Baufehler und falsche Klauenpflege zu verstecken. Ich stelle fest, dass wir auf Betrieben, wo wie die Gummimatten entfernt haben Mortellaro und Ballenfäule zurück gegangen ist.

    Bei einer Sanierung arbeite ich mit zwei Methoden: Auf Spaltenboden arbeite ich häufig mit Flammstrahlverfahren um mit 3.000 °C Hitze die obere Kruste wegzusprengen und auf Betonboden mit einem Verfahren entwickelt in den USA. Da werden Rillen in den Boden gefräst, keine Rauten. Die Rillen sollen so sein, dass jede der 8 Klauen eine gute Auflage hat und dabei eine Kante für den guten Gripp zu haben. Ich sehe viele falsch eingearbeitete Rillen. Eine gute Rille hat 6,4 cm Auflagefläche, eine Rille mit 1,9 cm Breite und 1 cm Tiefe. Das muss ganz genauso stimmen, damit die Kuh eine gute Auflage hat.

    Wenn wir in der Schweiz neue Ställe bauen werden häufig 2 Wochen nach dem Betonieren solche Rillen eingefräst. Gummimatten kommen teilweise vor den Roboter oder im Fressbereich hin.

    Häufig kann man beim Futtertisch einen Meter nehmen und in den Laufgang setzen. Absolutes Minimum im Fressbereich sind 3,8 m. Bei guten Betrieben sind wir oft bei 5 m.

    Es gibt viele moderne Ställe, die den Anforderungen nicht entsprechen. Wann bist du zufrieden?

    Die Frage ist immer, ob die Kühe damit zufrieden sind. Wo haben wir gesunde Klauen? Ein qm Gummiboden kostet mich ein vielfaches der Bearbeitung eines guten Betonbodens. Kühe müssen nicht weich stehen. Kühe müssen top liegen. Eine Kuh braucht von ihrer Art eine top Klauenpflege. Hier werden viele Fehler gemacht.

    Der zweite Teil der Folge kommt in zwei Wochen, falls der Artikel schon veröffentlicht ist findest du ihn weiter unten zum anklicken. Es geht um das Thema Licht und Luft sowie Wasser und Futter.

    Weitere Infos:

    Kontakt zu Christian Manser

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