KSB 087 Mehrhäusiger Stall als Zukunftsmodell? Interview Teil 2 mit Jochen Simon LfL Bayern

In diesem zweiten Teil vom Interview besprechen wir den sommerlichen Hitzeschutz, Laufgangbreiten und werfen einen Blick in die Zukunft.

Du solltest vorher den ersten Teil gelesen oder noch besser gehört haben, es ging um die Höhe der Kosteneinsparung, was mit der mehrhäusigen Bauweise gemeint ist und wie es Wind und Wetter stand hält. Hier kommst du zum ersten Teil.

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    Im Sommer soll ein Dach isoliert werden. Auf welches Dach sollte gegangen werden?

    Vom Grundsatz kann man Blecheindeckung, Faserzementplatten oder auch Dachziegel mit dem Nachteil der höheren Dachneigung wählen. Wir wissen, dass uns die einfache Wetterhaut nicht vor dem hohen Energieeintrag der Sonne schützt. Strahlung ist dimensionslos. Es ist also egal, ob wir die Dachhaut auf 4 m oder 8 m Höhe haben. Die Strahlung geht auf unsere Tiere. Die einfache Eindeckung ist also der schlechteste Hitzeschutz. Kommt nun also eine Schalung aus Holz oder eine Dämmung zum Blech dazu, wird es deutlich besser. 24 mm Holz verhalten sich ähnlich bis gleich zu 50 mm Sandwichsplatten. Das reduziert uns die Hitzestressstunden. Man kann auch noch stärkere Holzschichten einbauen, um einen deutlich höheren Schutz zu haben. Noch besser ist ein Gründach. Hier hat man sogar ein aktives System, was den Stall kühlt.

    Ohne zusätzliche Hitzeschutzmaßnahmen wie Ventilatoren kommt man in unseren Breitengraden nicht zurecht. Ist es bei mehrhäuisgen Bauweisen aufwändiger?

    Wir kommen eher vom Gebäude. Ich habe hohe Gestehungskosten vom Unterbau bis zur Dacheindeckung. Man sollte mindestens eine Schalung mit Eindeckung oder Sandwichelemente bauen oder direkt zum Gründach gehen. Unsere Herangehensweise ist also das Gebäude entsprechend zu ertüchtigen. Für die wirklich heißen Tage muss ich dann mit dem Ventilator drüber gehen. Einen wirklichen Unterschied sehe ich hier nicht.

    Ein Gründach als Hilfsmittel ist kostentechnisch bis zur wurzeldichten Dichtungsbahn gleich, zusätzlich kommt der Bodenaufbau dazu.

    Trocknen Laufflächen verstärkt ab?

    Aus eigener Erfahrung mit dem außenliegenden Laufhof auf jeden Fall ja.

    In der mehrhäusigen Bauweise wird aus dem Fressgang der Laufhof. Jetzt kommt ein Punkt dazu. Wir sparen uns die Kosten für den Auslauf. Ich kann also nicht direkt die Austrocknung vom Fressgang im einhäusigen Stall zum mehrhäusigen Stall vergleichen.

    Kann man die Liegeboxen und das Futter vor direkter Sonneneinstrahlung schützen?

    Das ist die Kunst der Planers oder Berater, sodass aus der Flächenanforderung der nicht überdachten Auslauffläche und Schlagregen Einschlagswinkel das Vordach entsprechend umgesetzt wird. Die Vordächer können also den Schutz übernehmen. Es gibt auch einen Sonnenstandsrechner, mit dem man die Jahreszeit und die Uhrzeit eingeben kann. In den Nachmittagsstunden ist direkte Sonneneinstrahlung ein Problem. Im Winter haben wir leider zu wenig Sonne. Hier hätte der Einfall einen positiven Effekt.

    Wie Breit werden die Fressgänge gebaut und welche nicht überdachte Fläche je Kuh würden Sie empfehlen?

    Für eine klare Empfehlung fehlen uns die Werte. Auf der Weide gibt es immer einen größeren Teil der Kühe, die sich in den Schatten legen und einen kleineren Teil der in der Sonne steht. Aus der Förderung kommt ca. 1 qm Auslauf nicht überdacht, aus der ÖKO Verordnung werden wir längerfristig um die 2-2,5 qm rechnen müssen.

    Die Ausläufe in der mehrhäusigen Bauweise ist der Fressgang. Wir nehmen also mindestens 4 m breiten Fressgang und einen 1,6 m breiten Antritt. Es ist relativ viel, aber im gehörnten Bereich gar nicht so viel. Wir integrieren also bei 2 – 2,5 qm je Kuh nicht den vollständigen Laufhof innen, sondern werden beispielsweise Gibelseitig um 5 m länger, nicht überdacht. Im Vergleich zum einhäusigen Gebäude können wir den Fressgang zwar etwas schmäler machen, brauchen dann aber eher 14 m Auslauf wenn man Gibelseitig verlängert. Dann hat man plötzlich ein Drittel der Gebäudelänge als Auslauf.

    Ist man dadurch für die Zukunft gut gewappnet?

    Wie man den Stall bauen soll, um auf lange Sicht aufgestellt zu sein kann man leider nicht sagen. Man hat aber sich für die Zukunft normalerweise nichts verbaut. Man kann immer noch ein paar Meter für den Separaten Auslauf dazu bauen.

    Wie kann beim mehrhäusigen Stallkonzept erweitert werden?

    Der Effekt, den man sehr früh erkannt hat ist das schrittweise Wachsen der Betriebe. Aus unserer Sicht ist das schrittweise Wachsen im einhäusigen Stall möglich. Man muss dann ein Binderfeld nach dem anderen dazu stellen. Auch der große Wachstumsschritt in Form vom spiegeln ist möglich. Dann wird auf der Traufseite ein weiteres Gebäude gebaut. Strömungstechnisch ist es nicht ideal. Im Winter hole ich mir den Schnee förmlich rein.

    Beim mehrhäusigen Bauen nehme ich einzelne Bereiche auseinander und teile diese in Teilbaukörper auseinander. Dadurch ist man sehr flexibel in jede Erweiterungsrichtung.

    Ein häufiger Kritikpunkt ist die schwierige Nachnutzung eines aufgeteilten Gebäudes. Wie sehen Sie diese Kritik, Herr Simon?

    Es ist durchaus ein wichtiges Argument. Wir wissen nicht, wo die Reise mit der Milcherzeugung hingeht. Man muss vielleicht einen regionalen Unterschied betrachten: Im städtischen Umland spielt die Nachnutzung möglicherweise eine größere Rolle als in ländlichen Regionen. Wir sprechen hier von kostengünstigem Bauen mit einem hohen Tierwohlanspruch. Deshalb empfehle ich das Gruber Modell. Wir können diese Argumente aber nicht weglegen.

    Was möchten Sie bauwilligen Landwirten zum Abschluss mitgeben?

    Mehrhäusiges Bauen macht sich in den Köpfen immer mehr breit. Es werden immer mehr Betriebe, die diesem Konzept folgen. Auch national nimmt das Interesse zu. In den Abmessungen der Liegeboxen und Laufgangbreiten müssen wir sehen, dass wir nicht zu knapp bauen. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass wir immer breitere Abmessungen haben. Die Tendenz geht auf Laufgänge mit 3 m, Fressgänge mit über 4 m und die Liegebox auch etwa 3 m lang.

    Im Rahmen vom sommerlichen Hitzeschutz sollte man das Hauptaugenmerk auf das Dach legen. Ansonsten einen guten Berater suchen, der sich auch über das mehrhäusige Bauen traut.

    Kontakt zu Jochen Simon: Jochen.Simon@lfl.bayern.de

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