In dieser Folge geht es um die Situation nach dem Stallbau oder Umbau in verschiedenen Bereichen.
Du erfährst, warum die Vorstellung über die Situation nach einem Bau so wichtig ist.
Lass uns mit einer kleinen Geschichte beginnen. Vor ein paar Jahren waren wir mit einer kleinen Gruppe beim Stall anschauen. Es war ein neuer Stall, etwa ein halbes Jahr alt und gebaut für rund 70 Kühe mit AMS. Es war ein 3-Reiher, die Dachkonstruktion aus Holz und Sandwicheplatten drauf. Wir standen auf dem Futtertisch, gegenüber von den Kühen war das Jungvieh. Es war ein Abend im Herbst, es wurde gerade dunkel, als der Hofnachfolger mit dem erklären begann. Er sprach über die einzelnen Bereiche, wir schauten zum Roboter und in mir reifte ein Gedanke immer stärker: Genauso wie der Vertreter es sagte, wurde gebaut. Das ist erstmal nicht schlecht, aber mir fehlte der rote Faden, eigene Gedanken. Die Familie kam vom Anbindestall und hatte dadurch keine Laufstallerfahrung. Es wurden offenbar auch nur sehr wenige Ställe angeschaut. Dadurch wurde es ein ganz einfacher Standardstall, ohne Anpassungen an die eigenen Anforderungen. So etwas darf doch eigentlich nicht passieren? Ich möchte, das dir so etwas nicht passiert!
Irgendwie ist es ganz klar. Aber irgendwie auch doch nicht. Wenn man von der Planung spricht und wie es werden soll steht die Zeit nach dem Bau im Vordergrund. Jeder hat dabei Punkte, die einem wichtig sind. Kennst du nicht trotzdem Beispiele, bei denen du dir erstmal unsicher bist, ob da alles zusammenpasst? Man kann natürlich nicht reinschauen. Und manchmal ist es vielleicht auch besser, nicht alles zu Wissen. Ich bin mir trotzdem sicher, dass man sich diesem Anspruch stellen sollte: Für verschiedene Bereiche habe ich klare Vorstellungen, die ich durchsetzen möchte.
Vorstellung ist begrenzt
Ich stelle immer wieder fest, dass die eigene Vorstellungskraft stark begrenzt ist. Wenn jemand bisher nur im Anbindestall gearbeitet hat, ist der Systemwechsel zum Laufstall ein großer Schritt. Dabei ist man oft so froh, endlich diesen Schritt anzugehen. Aber erst, wenn man im neuen Stall arbeitet fallen viele Kleinigkeiten auf. Genau diese Punkte machen einen enormen Unterschied zwischen mittelmäßigen und hohem Arbeits- und Kuhkomfort. Mit mittelmäßiger Ausführung sollte man sich natürlich nicht zufriedengeben und deshalb vorher sich umfangreich informieren und selbst wo mitarbeiten.
Stallbau oder Umbau vom Ende her Denken
Die grundlegende Überlegung ist dabei die Zeit ab einem Jahr nach dem Einzug. In diesem Zeitraum hat man sich an die neue Situation gewöhnt und das Team ist eingespielt. Die neue Realität ist kein Zufall. Es ist das Ergebnis aus der Planung und der Umsetzung. Dass nicht immer alles wie geplant läuft, ist auch wieder irgendwo normal. Sonst wäre die Gülle vom kleinen Querkanal auch schon von Beginn an gelaufen. Tatsächlich war das Material so trocken, dass erst eine Spülleitung den Erfolg brachte. Das ist nur ein sehr kleines Beispiel. Wäre vor der Planung die Tatsache schon klar gewesen, wäre sofort eine Spülleitung dort verlegt oder etwas anderes geändert worden. Nur ist man sich eben nicht immer alles bewusst. Ich möchte auf verschiedene Bereiche eingehen, die man möglichst ausführlich durchdenken soll:
1. Betriebliche Situation
Wie sieht deine Herde in deiner Vorstellung aus? Alle sehr sauber, glänzendes Fell, beste Klauengesundheit, niedrige Zellzahl, viele alte Kühe bei einer niedrigen Remontierung. Sind dir diese Punkte wichtig? Man kann die Umwelt der Kuh so gestalten, dass quasi alles passt. Es ist zwar ein schwieriger Prozess, bei dem viele Stellschrauben gut passen müssen, aber es ist möglich. Wenn man den Stallbau vom Ende her denkt kommt man auch weiteren Fragen nicht aus:
- – Wie viel Kühe sollen es sein?
- – Wo sollen alle Kühe untergebracht sein?
- – Woher soll das Futter kommen?
- – Gibt es gute betriebliche Zusammenspiele, beispielsweise Urlaub auf dem Bauernhof und Kühe?
Wer sich diesen Fragen ehrlich stellt, kann Entscheidungen über Baudetails viel leichter treffen. Schließlich hat man das Bild vor Augen, was im Ergebnis sein soll. Nun muss man nur noch die notwendigen Schritte dafür setzen.
2. Persönliche Situation und Beziehungen
Als selbstständige Landwirte können wir auch über unsere Arbeitszeit selbstständig entscheiden. Wie lange wir unsere tägliche, aber auch unsere regelmäßige Arbeitszeit haben wollen entscheiden wir selbst. Mit der Frage, wie unser Alltag ausschauen soll finden wir auch die Antworten. Jeder hat einen normalen Tagesablauf. Beispielsweise geht´s um 5:30 Uhr in den Stall, um 8:00 Uhr ist Frühstück, um halb 9 geht´s raus und so weiter. Der Tag hat seine Eckpunkte, bis dann um 18 oder 19 Uhr Feierabend ist.
Zum Schluss soll es doch so sein, dass die verschiedenen Lebensbereiche genug Platz im Alltag finden. Als kleine Aufgabe darfst du dir deine perfekte Woche aufschreiben. Plane einfach mal eine Woche mit all deinen Arbeiten und auch deinen anderen Beschäftigungen. Vielleicht bist du schon recht nahe dran, wo du gerne wärst? Frage dich auch, warum du Kühe halten möchtest. Es wird seitens der Gesellschaft immer schwieriger. Gerade deshalb ist es für dich wichtig, dass du wirklich Freude mit Kühen hast.
Je nach Situation und sofern es gewünscht ist kann man die Familie gut einbinden. Auch Mitarbeiter können eine sinnvolle Ergänzung sein. Besser, es sind zu viele Arbeitskräfte vorhanden, als zu wenige.
3. Finanzielle Situation
Zu guter Letzt darf man seine finanzielle Wunsch-Situation nicht vergessen. Ich höre gedanklich schon: „Zu viel ist es ja nie“. Aber wie viel möchtest du wirklich haben? An diesem Punkt sollte man ganz realistisch an die Sache ran gehen. 100.000 € Gewinn bei 20 Kühen und 40 ct/kg Milch wird wohl erstmal schwierig mit 80.000 € Jahres-Milchgeld. Vielleicht passen aber ein paar Ferienwohnungen gut dazu oder du verdienst mit einer zusätzlichen Arbeit gutes Geld, schon wird es wieder leichter möglich. Mir ist auch wichtig klarzustellen, dass man seine Kosten im Griff halten sollte. Es muss immer mit der Milchmenge zusammenpassen.
Vermögen entsteht nicht durch Geld verdienen, sondern durch Geld behalten. Ich behaupte, dass jeder 5 – 10 % seines Einkommens in einen vernünftigen Sparplan stecken kann. Dadurch wächst automatisch ein kleines Vermögen heran, das auch als zusätzliche Sicherheit dient. Mehr dazu in der Folge „Inflation und Stallbau“.
Einen Stall Neu- oder Umbauen
Manchmal braucht man eine bauliche Veränderung, um andere Bereiche anzupassen. Ein Neu- oder Umbau ist auch eine Chance, viele Abläufe zu optimieren. Deshalb setzen wir im Kuhstallbau-Onlinekurs den Fokus auf runde Arbeitsabläufe. Früher dauerte bei uns das abräumen vom Futtertisch fast eine halbe Stunde. Im neuen Stall sind es keine 10 Minuten. Es sind oft Kleinigkeiten, die sehr viel ausmachen.
Deshalb ist es so wichtig, das man sich in den verschiedenen Bereichen bewusst macht, was man möchte und dann entsprechend den Neu- oder Umbau danach ausrichtet.