KSB 079 Hohe Kosten und Zinsen: Lohnt sich ein neuer Stall?

Heute schauen wir uns die Auswirkung der steigenden Zinsen und Baukosten an und überlegen, wie wir die Kosten drücken können.

Gestiegene Baukosten in der Kombination mit stark gestiegenen Zinsen sind eine giftige Mischung. Ich versuche dies hier einzuordnen. Ein wichtiger Hinweis: Alle Angaben sind ohne Gewähr. Ich gebe hier meine Einschätzung wieder. Du darfst für dich entscheiden, wo du mir zustimmen möchtest oder wo du eine andere Meinung hast.

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    In meiner Zeit der Planungsphase kamen immer wieder so Sätze wie „Vor ein paar Jahren hätte man bauen sollen, heute ist alles so teuer“ oder „Hätte man DAS gewusst, hätte man schon lange gebaut“. Ich habe dem immer wieder vom Grundsatz zugestimmt und angefügt: „Wer sagt denn, dass in 5 Jahren nicht wieder so gesprochen wird?“. Letztlich Wissen wir nicht was kommt, aber oft ist man froh um das, was man hat. Aber wie hat sich nun die Lage verändert?

    Auswirkungen von steigenden Kosten und Zinsen

    Vor wenigen Jahren wurden Ställe oft mit einem Zinssatz von unter 1 % finanziert. Die Kosten waren oft in einer Größenordnung von 10.000 € je Platz. Bei diesen Voraussetzungen kommt man auf eine jährliche Belastung von 552 € auf 20 Jahre gesehen. Für einen Betrieb mit 100 Kühen sind es rund 4.600 € im Monat.

    Steigt nun der Zins auf 4 % und die Kosten auf 15.000 €/Platz ist die jährliche Belastung bei 1.084 € und damit fast das doppelte. Für den Betrieb mit 100 Kühen sind es dann 9.033 € im Monat. Aktuelle Zinssätze für die Landwirtschaft findest du hier und 6 Tipps zum Darlehen deines Kuhstalls findest du hier .

    Je länger die Laufzeiten, desto stärker wirkt sich ein hoher Zins aus. Es wird damit viel interessanter, auf kostengünstige Lösungen zu gehen. Dazu habe ich ein eigenes Beispiel:

    Wir haben im Winter 2021/22 den alten Kuhstall zu einem Trockensteher- und Abkalbestall umgebaut.

    Der Stall wurde 1987 vom Anbinde- zum Liegeboxenlaufstall umgebaut und erweitert. 2013 sind noch 14 Außenliegeboxen dazu gekommen. Im hinteren Teil sind nun die Frühtrockensteher mit 18 Liegeboxen und flexiblen Abtrennungen. Durch die engen Maße sollten maximal 15 Kühe in den Bereich rein. Im vorderen Bereich haben 2 Abkalbeboxen für bis zu 10 Kühe Platz gefunden. Dies ist gleichzeitig der Bereich für die Anfütterungsgruppe 2 Wochen vor der Kalbung.

    Der Kostenaufwand dafür war sehr gering. Es sind 7.000 € angefallen. Dazu kommen noch 8.000 € an eigenen Zeit- und Maschinenaufwand. Damit liegen wir bei unter 1.000 € je Platz. Damit sind Kompromisse verbunden, die bei einem Neubau anders gelöst werden. Die Liegeboxen sind eigentlich zu klein, wir haben zu schmale Laufgänge und kein Sicherheitsfressgitter. Das Ausmisten der Abkalbebox dauert länger als bei einem Neubau, weil es nur eine Einfahrt gibt und es leicht beengt ist.

    Man muss in der Entscheidung für oder gegen einen Umbau abschätzen, welche Kompromisse man eingehen muss und ob es vertretbar ist, oder eben auch nicht.

    Unterschied durch unterschiedliche Baukosten und unterschiedlicher Milchleistung

    Betrachtet man nun die unterschiedlichen Kosten von Punkt 1 (10.000 €/Platz und 1% Zins zu 15.000 €/Platz und 4% Zins) auf eine unterschiedliche Milchleistung, so ergibt sich folgende Tabelle:

    Milchleistung10.000 €/Platz bei 1% Zins15.000 €/Platz Bei 4% Zins
    6.000 kg9,2 ct/kg18,1 ct/kg
    9.000 kg6,1 ct/kg12,0 ct/kg
    12.000 kg4,6 ct/kg9,0 ct/kg

    Natürlich steigen für jedes Leistungsniveau die Kosten stark an. Vor allem für das untere Leistungsniveau wird ein neuer Stall zunehmen wirtschaftlich schwierig darzustellen.

    Das gleiche Prinzip hat man wieder bei unterschiedlichen Baukosten. Auch hier ist eine Tabelle am anschaulichsten:

    BaukostenJährliche Kosten Bei 4% ZinssatzPro kg Milch Bei 9.000 kg
    5.000 €/Platz361 €4 ct/kg
    10.000 €/Platz723 €8 ct/kg
    15.000 €/Platz1084 €12 ct/kg

    Vorausgesetzt, der Stall muss wirtschaftlich sein, muss man seine Baukosten im Verhältnis zum gesamten Betrieb im Blick halten. Ich empfehle hier, sich vor allem die Kosten je kg Milch zu fokussieren. Ein hoher Milchpreis macht hohe Preise bezahlbar. Wir wissen natürlich nicht, wie es langfristig weiter geht. Die Unsicherheit war aber auch in der Vergangenheit immer schon da und wird auch in Zukunft bleiben. Das langfristige Niveau wird niemand nennen können. Jede Einschätzung ist und bleibt eine persönliche Meinung. Wenn du selber rechnen möchtest, empfehle ich dir den Rechenknecht.

    Ich kann mir vorstellen, dass das Preisniveau mit anhaltender Inflation höher wird. Nimmt man ein Glas Bier, weiß man, was man hat. Kippt jemand Wasser dazu, schmeckt das Bier nicht mehr und nach dem verdünnten Bier hat man bei gleicher Menge weniger Alkohol zu sich genommen. Die letzten Jahre hat die EZB extrem viel Geld „nachgedruckt“, quasi das Bier (die bestehende Geldmenge) verwässert (neues Geld geschaffen). Der 50 € Schein ist dann einfach weniger Wert, weil es mehr davon gibt. Und was nicht knapp ist, verliert an Wert. Mehr dazu in Folge 69: Inflation und Stallbau.

    Es ist auch klar, dass die Stallbaukosten nicht der einzige große Kostenblock ist. Wichtig zu beachten sind auch die Arbeitserledigungskosten. Wer 100 Stunden je Kuh im Jahr in einem sehr günstigen Stall braucht, hat trotzdem einen großen Nachteil zum moderneren Stall. Im Familienbetrieb muss zwar die Zeit nicht extra bezahlt werden, die Lebensqualität nimmt aber stark ab. Wer insgesamt hohe Kosten hat, bei dem leidet vielleicht die Liquidität. Es ist ganz wichtig, dass immer ein Plus auf dem Konto ist. Vergleiche beispielsweise vom LKV bringen schonmal einen guten Überblick, wie es um die Kennzahlen im Stall steht. Wird eine Betriebszweigauswertung erstellt und verglichen, ist man viel genauer dran. Das Ziel sollte sein, sich mindestens überdurchschnittlich, besser im Feld der oberen 25 % zu befinden. Damit kann man die Zukunft deutlich lockerer sehen.

    Wo möchte ich in Zukunft stehen?

    Die zentrale Frage ist, wie man den Betrieb in der Zukunft ausrichten möchte. Wer ein Ziel hat, findet einen Weg. Hohe Zinsen und Baukosten schrecken zwar von einem Bau ab, halten aber die Betriebe, die wirklich wollen, wahrscheinlich nicht auf. Frage dich deshalb, ob du in 10 Jahren an deinem Standort noch Kühe melken möchtest. Kommst du auch mit den zunehmenden Anforderungen zurecht? Vor allem in den Umweltauflagen werden wir noch einige Überraschungen erleben.

    Überlege dir auch, wie ein Traum-Alltag von dir ausschauen könnte. Mir sind runde Arbeitsabläufe sehr wichtig und ich möchte gesunde Kühe im Stall stehen haben. Langfristig möchte ich mehr Freizeit und Zeit für die Familie. Deshalb kann man unseren Stall zu zweit gut bewältigen. Falls die Altenteiler-Generation zurücktreten möchte oder muss, werden wir uns um Aushilfen umsehen.

    Diese Frage beschäftigt viele und es ist auch schwierig, solch weitreichende Entscheidungen zu treffen. Nach langer Überlegung muss man sich aber dann auch für eine Richtung entscheiden. Ewig zu überlegen, bringt dich nicht vorwärts. Denker denken, Macher machen.

    Fazit

    • Die steigenden Kosten und Zinsen können zu einer Verdopplung der Kosten je kg Milch führen.
    • Niedrigere Baukosten oder höhere Milchleistungen relativieren die Kosten.
    • Man muss entscheiden, wo man in Zukunft stehen möchte und sich den Konsequenzen bewusst sein.
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